Ein Bild, das mich entstellt

Foto: privat
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Brief an die Herausgeber

Unter der Überschrift "Mein Chef und ich" hat Christine Schornsheim im Feuilleton der FAZ vom 19. Oktober in einem ganzseitigen Interview ihre Sicht auf "Die Sache Siegfried Mauser" dargelegt.

Dadurch, dass in dieser Darstellung der Vorkommnisse wesentliche Aspekte weggelassen wurden, entsteht in der Öffentlichkeit eine informative Schieflage, die ich auf möglichst offene und neutrale Weise korrigieren möchte.

 

Die Anzeige von Frau Schornsheim im Mai 2015 wurde in einem krass beleidigenden Ton verfasst, der einen unverhohlenen Belastungseifer zu offenbaren scheint. Dazu als Kostproben aus dem polizeilichen Protokoll: „bunter Hund“, „unwürdiges Verhalten“, „aggressiv im Umgang“, „Raubtier“, „Idiot“. Dies steht in erstaunlichem Widerspruch zu meiner zweimaligen Wiederwahl zum Präsidenten ohne Gegenstimme und zur Beurteilung meiner Tätigkeit bei meiner Verabschiedung und im Jahresbericht der Hochschule. Zudem haben sich auch während der gerichtlichen Verfahren eine Vielzahl von Kolleginnen und Kollegen, vor allem aber auch Studierenden entsprechend positiv geäußert - seit mehr als 35 Jahren habe ich an verschiedenen Hochschulen und in unzähligen Meisterklassen unterrichtet, ohne dass je Unzufriedenheit erkennbar war oder gar Beschwerden eingingen.

 

In der Darstellung von Frau Schornsheim wurde gänzlich ausgeblendet, dass mir nach dem vermeintlichen Vorfall 2009 jede Form eines aufklärenden Gesprächs dadurch verweigert wurde, dass sie als sogenanntes Opfer auf konsequenter Anonymität beharrte. Es wurde mir zwar einmal durch Studiendekan und Kanzler vermittelt, dass Vorwürfe einer Belästigung im Raum stünden, auf mein Angebot, mich mit der betreffenden Person verständigen und gegebenenfalls bei ihr entschuldigen zu wollen, wurde jedoch wegen der angeblichen Belanglosigkeit des Vorfalls verzichtet. Erst durch die Anzeige im Mai 2015 konnte mir definitiv klar werden, um wen es sich handelt. Im Nachhinein betrachte ich diese gezielte Aussperrung eines persönlichen Dialogs als besonders gravierend, da dadurch eine Klärung zur rechten Zeit verhindert wurde. Ob es sich dabei um eine absichtsvolle Strategie gehandelt haben könnte, wage ich nicht zu entscheiden.

Auch nach dem vermeintlichen Vorfall fanden immer wieder freundlich-kollegiale Kontakte zwischen Frau Schornsheim und mir statt, u.a. ein gemeinsames Abendessen. Selbst nach meinem Weggang nach Salzburg brach der Kontakt nicht ab, z.B. las sie freundlicherweise meine Booklet-Texte kritisch gegen, beriet mich recherchierend bei der Neubesetzung einer Cembaloprofessur und nahm eine Einladung zu einem Meisterkurs gerne an.

Alle wesentlichen Entscheidungen wurden während meiner Präsidentschaft immer in demokratischer Weise im mehrköpfigen Leitungsteam getroffen. Ein „System Mauser“ hat es nie gegeben, ich betrachte es als böswillige Unterstellung, dass hier ein diktatorischer Duktus in die Diskussion eingeführt wurde. Während meiner gesamten Amtszeit gab es keinen konkreten Vorwurf sexueller Belästigung oder gar Missbrauchs gegenüber Studierenden; Beleg dafür sind die gewissenhaft erstellten Protokolle der Leitungssitzungen.

Die unerhörte Kategorisierung der weiblichen Kontaktpersonen in meinem akademischen Umfeld in „Sekretärin und Gespielin“ deutet zudem eine Missachtung dieser Personen an, die auch in einem feministischen Sinn weit über meinen Fall hinauszuweisen scheint.

Die in meinen Augen nahezu obsessive Feindseligkeit gegenüber meiner Person bleibt mir ein Rätsel, da ich Frau Schornsheim in keiner Weise aggressiv entgegengetreten bin - ganz im Gegenteil: Unter anderem erhielt sie mit aufgrund meines Einsatzes eine volle Stelle, die ihr plötzlich doch sehr willkommen war, und auf die sie sich - entgegen ihrer Darstellung - ursprünglich auch beworben hatte. Heute denke ich, dass meine damalige Sympathie für die Kollegin und die Mitfreude an ihrem Erfolg eine euphorische Zugewandtheit, bzw. Nähe erzeugten, die als Belästigung empfunden werden konnte. Ich habe es damals sehr viel positiver wahrgenommen, bin jedoch heute bereit, wie bereits mehrfach vor Gericht geäußert, mich dafür zu entschuldigen. 

In scharfem Kontrast zur Äußerung der Kollegin weise ich aber jegliche vorsätzliche oder absichtsvolle Gewaltanwendung von mir. Wer mich als Mensch kennt, weiß, dass ich einen solchen Angriff auf die Integrität einer Person verabscheue und dazu nicht in der Lage bin. Es trifft mich schwer, dass man ein Bild von mir zeichnet, das mich entstellt und entseelt. Erst eine entsprechende Anschuldigung, die zudem in Beschreibungsdetails schwankt, machte eine existenzvernichtende Verurteilung möglich - und dies ohne einen direkten Tatzeugen oder anderweitige Beweise liefern zu können. Obwohl eine rechtskräftige Verurteilung mit zurückgewiesener Revision vorliegt, kann ich nicht anders, als erneut auf meiner strafrechtlichen Unschuld zu beharren. In einer kapitalen Tagebuchnotiz vermerkt Franz Kafka, die Schuld folge der Strafe auf dem Fuße: Bestraft worden bin ich genug - zu einem Schuldeingeständnis wider besseres Wissen kann dies jedoch nicht führen. 

 

Professor Dr. Siegfried Mauser